自然と誕生

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  • Physis und Geburt (Zusammenfassung)
  • シゼン ト タンジョウ

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Abstract

Ein Aspekt der heutigen ökologischen Krise ist die fortschreitende Technisierung aller Geschehnisse, die mit der Geburt des Menschen zusammenhängen: Empfängnisverhütung durch die "Antibabypille", Zeugung durch In-vitro-Fertilisation, Beobachtung des Embryos durch Röntgen- oder Ultraschall-Aufnahmen, Geburt durch Kaiserschnitt, pränatale Diagnostik, Klonen von Menschen usw. Der Aufsatz setzt diese Technisierung in phänomenologischer Perspektive zu dem alten europäischen Verständnis von Natur, natura, φύσις, in Beziehung. Jenes Verständnis war doppeldeutig: Bei Aristoteles verengte sich der weite ursprüngliche frühgriechische Naturbegriff - φύσις als das im Widerfahrnis des philosophischen Staunens (θανμάζειν) erfahrene Geschehen allumfassender Selbsterneuerung - zur φύσις als Gegenbegriff zur τέχνη. Die φύσις in diesem engeren Sinne meldet sich in dem Material, das für die τέχνη-geleitete Herstellung von Werken, ●γα, vor- und bereitliegen muss. Durch die Herrschaft der "Idealisierung" - mit Husserl als Grundlage der neuzeitlichen Technik verstanden - wird die Natur im Sinne des Materials mehr und mehr als etwas technisch Herstellbares aufgefasst. Weil dieser Prozess ins Maßlose fortschreitet, empfiehlt sich eine Besinnung auf das Verständnis von φύσις in ihrer ursprünglichen weiten Bedeutung. Da aber das philosophische Staunen, worin die so verstandene Natur erfahren wurde, für uns ihre Motivationskraft beinahe ganz verloren hat, müssen wir nach einem neuen "Anhalt" für ein Maß suchen. Wir können ihn in der Geburt (natura von nasci, "geboren werden") finden. In phänomenologischer Sicht ist der Grundzug der Geburtserfahrung ihre Nachträglichkeit: Ich finde mich als ein Wesen vor, dessen Freiheit - das Anfangenkönnen (Hannah Arendt) - durch die Geburt als ersten Anfang ohne mein Zutun ermöglicht wurde. Durch die Technisierung der Geburt verblasst das "maß-gebende" Bewusstsein von der Nachträglichkeit, mit der wir sie erfahren. Eine bioethische kasuistische Grenzziehung zwischen erlaubten und unerlaubte Manipulationen im Bereich des Geburtsgeschehens kann den Bann dieser Technisierung nicht durchbrechen, sondern nur eine Erinnerung an jene Nachträglichkeit und damit an die ursprüngliche weite Natur-Erfahrung. Aber es ist fraglich, ob es heute die Chance für eine solche Erinnerung gibt.

Journal

  • 人間存在論

    人間存在論 16 1-16, 2010-07-01

    京都大学大学院人間・環境学研究科総合人間学部『人間存在論』刊行会

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